
Im Spannungsverhältnis zwischen Naturschutz und Naturerleben
Während des Waldspaziergangs am 6. April 2025 im Waldgebiet rund um das Obstgut Morsbroich und entlang der Dhünn wurden vom Referenten, Förster i.R. Karl Zimmermann, die besonderen Herausforderungen der Waldbewirtschaftung im städtischen Raum behandelt. Anders als beim Wald im ländlichen Raum spielt die Erzeugung des wertvollen Rohstoffes Holz in den städtischen Wäldern eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund stehen die Erholungsfunktion, das Naturerleben sowie die Wasserrückhaltung und die Frischlufterzeugung.
Da die Wälder von Erholungssuchenden in großer Zahl besucht werden, hat die Verkehrssicherung entlang der Wege eine besondere Bedeutung. Insbesondere an Wegen, die offensichtlich als Wander- oder Radwege genutzt werden, trifft den Eigentümer eine höhere Verkehrssicherungspflicht als üblich.
Außerhalb der Gefahrenbereiche werden abgestorbene Bäume bewusst stehen gelassen. Sie bieten einen wertvollen Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren. Pioniere sind häufig Spechte, die auf der Nahrungssuche und zur Aufzucht der Jungen Höhlen zimmern. Diese Spechthöhlen werden später von anderen Vogelarten genutzt. Da sich auf und im Holz von Totbäumen Insekten in großer Zahl ansiedeln, steht auf diese Weise wiederum den Singvögeln tierisches Eiweiß zur Aufzucht ihres Nachwuchses zur Verfügung.
Das Hochwasser vom 14. Juli 2021 hat bei der Stadt Leverkusen zu einem veränderten Umgang mit Totholz geführt. In der Vergangenheit wurden in Leverkusen bewusst tote Bäume in die Dhünn eingebracht, um den Fluss abwechslungsreicher zu gestalten und so für schneller und langsamer fließende Gewässerabschnitte zu sorgen. Bei dem Extremhochwasser hat totes Holz allerdings durch Verklausungen zu gravierenden Überschwemmungen und zu Schäden an Bauwerken, insbesondere an Brücken gesorgt. Der Zusammenhang der Landschaftsgestaltung und Wasserhaushalt steht nun stärker im Vordergrund. Gezielt werden auch im Wald Überflutungsflächen geschaffen, und liegendes Totholz im Einflussbereich von Gewässern reduziert. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Baumartenwahl. Buchen verkraften kurzfristige Überschwemmungen relativ gut. Während des Waldspaziergangs führt der Weg an einem großen „Spielgelände“ innerhalb des Waldes vorbei. Hier waren mit Hilfe von aufgeschichteten Ästen Wälle geschaffen worden, die das Gelände in mehrere „Räume“ gliedert. Es gibt keine Zugangsbarriere. Die „Räume“ werden deshalb nicht nur von Kindergartengruppen und Schulklassen, sondern auch von Kindern in der Freizeit zum Spielen genutzt. Während außerhalb der Stadt solche „großflächigen Einrichtungen“ eher als unzulässiger Eingriff in die Natur angesehen werden, wird diese hier nicht nur geduldet, sondern gelegentlich vom Förster und anderen mit dem Wald betrauten Menschen betreut. Die Naturerfahrung von Kindern kann auf diese spielerische Weise sicher besser gefördert werden als durch Verbote.
Schalenwild (Rehe und Wildschweine) sind in stadtnahen Waldgebieten so gut wie nicht vorhanden. Sie meiden Gebiete, in denen sie häufig gestört werden. Für die Waldentwicklung hat dies den Effekt, dass Naturverjüngung weniger durch Wildverbiss geschädigt wird als in anderen Waldgebieten. Hier sind die (unbeabsichtigte) Zerstörung durch Menschen, die außerhalb der Wege laufen, Rad fahren oder reiten, und der erhöhte Nährstoffeintrag durch Hundekot/-urin die größeren Gefahren. Deshalb gilt gerade im städtischen Bereich: Bitte auf den markierten Wegen bleiben und Hunde an der Leine zu führen.
Der Wildbestand wird vor allem durch Kulturfolger geprägt. Ratten, Nutrias, Waschbären und -in geringerem Umfang Füchse stellen eine Gefahr für Kleintiere und insbesondere Vögel dar. Diese Prädatoren sind sehr anpassungsfähig und müssen zum Schutz einer ausgewogenen Population regelmäßig bejagt werden.
Zum Abschluss ging Karl Zimmermann auf die Bedeutung der Naturverjüngung ein. Klimawandel und Trockenheit führen zu neuen Baumkrankheiten und Schädlingen. Mischbestände mit verschiedenen Baumarten kommen nicht nur mit unterschiedlichen Wetterverhältnissen besser zurecht, sie werden auch als Risikominimierung gegen Schädlinge und Klimawandel gesehen.